Rumäniendeutsches Schicksal

Das Deutsche Staatstheater Temeswar gastierte mit einem Stück
von Hans Kehrer in Deutschland

Das fünfzigjährige Jubiläum des Deutschen Staatstheaters Temeswar sollte
auch in Deutschland gefeiert werden, so kam es zu einem Gastspiel am 2. November,
das ursprünglich einzig in Berlin geplant war. Ermöglicht wurde es von mehreren
Sponsoren, darunter dem Deutsch-Rumänische Forum e. V. Berlin, der Botschaft der
Bundesrepublik Deutschland in Bukarest, der Botschaft von Rumänien in Berlin.
Daraus wurde schließlich eine Tournee, fortgesetzt über Hamburg und Köln,
sodann in Ulm, wo der Autor Hans Kehrer dabei war.

Sein Mundartstück, „Zwei Schwestern“, eine schwäbische Passion, wird meisterhaft
von den – auch im wirklichen Leben – beiden Schwestern Ildikó Jarcsek-Zamfirescu
und Ida Jarcsek-Gaza dargestellt. Die frühere und die jetzige Intendantin werben
damit auch für den Erhalt des Temeswarer Theaters, das nunmehr auf Wanderschaft gehen,
seinem Publikum nachreisen muß.

Die Vorstellung selber ist ein Stück Banater Geschichte – alles, was den
Rumäniendeutschen im Banat widerfahren ist, hat auch diese beiden Schwestern
getroffen. Ihre Männer sterben im Krieg, der eine in Stalingrad, der andere
wurde bei der Heimkehr an der rumänischen Grenze erschossen. Sie selbst wurden
nach Rußland und in den Baragan deportiert. „Schlimmer geht’s nicht“, sagt
Ildikó Jarcsek-Zamfirescu. Die Zuschauer, auch in Deutschland, sind meistens
Rumäniendeutsche, die ähnliches erfahren haben.

Und so belehrend das Stück auch manchmal wirkt, wie es privates Leid mit dem
geschichtlichen verquickt, die Eifersucht zwischen den Schwestern, aber auch
ihre gegenseitige Abhängigkeit und ihre gleichsam fatalistische Verwurzelung
in der Tradition, so kalt rieselt es einem über den Rücken, wenn die Resi ihre
Schwester anfaucht: „Kannscht tei trei Joch bei der Weltgeschichte reklamiere.“
Die eine geht mit den Kindern, weil sie „Kinner un Engelskinner“ hat, in die Stadt,
oder gleich „uff Teitschland“, die andere bleibt im Dorf in ihrem Haus,
weil sie nur noch dieses hat.

So zeigt der Lebensweg dieser beiden Schwestern, ein Stück, das immerhin schon
1980 in Rumänien uraufgeführt wurde, wie es tatsächlich mit den Banater Schwaben,
aber auch mit den Rumäniendeutschen insgesamt kommen sollte. Nach der Ausreise
des Autors nach Deutschland wurde das Stück allerdings verboten. Hans Kehrer,
der als Stefan Heinz 1913 in Kleinsanktpeter im Banat geboren wurde, lebt heute
in Süddeutschland. Er schrieb zahlreiche Stücke, darunter „Meister Jakob und
seine Kinder“ (nach Adam Müller Guttenbrunn), arbeitete aber auch als Schauspieler
und Dramatiker und wurde vor allem durch seine Mundartgestalt Vetter Matz vun
Hopsenitz bekannt.

Bei der ausverkauften Vorstellung in Berlin waren erstaunlich viele junge Leute
dabei – so ein Publikum kann man dem Stück auch weiterhin nur wünschen und
vielleicht auch einen Sponsor, der den beiden Schwestern zuliebe einen
neuen Bus spendet.

Edith Ottschofski (KK)